gehalten auf der „Free Mumia – Free Them All!“ Demo am 9.12.2022 in Berlin
In den USA werden nicht nur horrend lange sondern i.d.R. auch flexible Haftstrafen erlassen. Gefangene sollen angehalten werden, sich möglichst allem zu unterwerfen, um eventuell etwas früher aus der Haft zu kommen. Sog. „Begnadigungsausschüsse“ bewerten nach Ablauf der Mindeststrafen den sog. „Resozialisierungsstand“ der jeweiligen Gefangenen und lehnen eine Entlassung in den meisten Fällen ab, auch wenn die/der Gefangene sich an alle auferlegten Regeln gehalten hat, einschließlich der Selbsterniedrigung und der verweigerten Solidarität mit Mitgefangenen.
Kämpfende Gefangene werden oft dazu angehalten, ihren Widerstand aufzugeben oder sich von ihren jeweiligen politischen Organisationen abzugrenzen. Das erleben viele Gefangene aus der ehemaligen Black Panther Partei. Auch der Indigene Leonard Peltier hat bereits diverse dieser Farce-Anhörungen hinter sich, bei denen z.B. die Bundespolizei FBI regelmäßig mit dem Einwand intervenierte, dass „irgendwer ja für den Tod zweier FBI Beamten sitzen müsse“, auch wenn sogar das Gerichtsurteil klarstellt, dass Peltier nicht derjenige ist, der die beiden erschossen hat.
Dazu kommt die drakonische Strafe „Life Without Parole“ (abgekürzt LWOP), also Lebenslänglich ohne Chance auf Entlassung, der u.a. derzeit auch Mumia Abu-Jamal unterliegt. Hierin liegt ganz klar die Drohung, dass der Staat dir auch ohne polizeiliche Exekution auf der Straße oder durch eine gerichtlich verhängte Todesstrafe dein komplettes Leben klauen kann.
Neben der politischen Repression gegen widerständige Gefangene kommt den eingangs beschriebenen, flexiblen Haftstrafen jedoch noch eine weitere Bedeutung zu: geschultes und gleichzeitig beinahe unbezahltes Personal wird nur ungern aus den Produktionsstätten der Gefängnisindustrie entlassen. Das Multi-Milliarden-Dollar Geschäft der modernen Sklaverei in den USA erhält also u.a. durch die Begnadigungsausschüsse einem Anschein von „Rechtsstaatlichkeit“ aufrecht.
Diese Praxis führte in den vergangenen Jahren dazu, dass in den Knästen der USA zunehmend Gefangene mit sehr hohem Alter und enormen Gesundheitsproblemen eingesperrt leben, für die es unter den Bedingungen der Gefangenschaft kaum ausreichende medizinische Versorgung gibt. Mumia Abu-Jamal stellte bereits 2012 kurz nach seiner Verlegung vom Todestrakt in ein Umschlussgefängnis erstaunt fest, dass die Schleusen und sonstigen Einrichtungen des Gefängnisses nicht rollstuhlgerecht seien, obwohl bereits damals ca. 1/5 der Gefangenen im SCI Mahanoy altersbedingt gar nicht mehr in der Lage sind, eigenständig zu gehen.
Outgesourcte, komplett oder teilprivatisierte Gesundheitsversorgung sind eine weitere Profitnische der Gefängnisindustrie. Konzerne wie z.B. Corizon verdienen Milliarden daran, staatliche Gelder zu kassieren und möglichst wenig Leistung dafür an Gefangene weiter zu geben. Gefängnisbehörden und Gesetzgeber*innen in den Bundesstaaten unterstützen dies durch Richtlinien, die Gefangenen manchmal erst auf dem Totenbett dringend benötigte Medizin zuerkennt, was vorher wg. hoher Kosten meist verweigert wird.
Öffentlichkeit und Druck auf Behörden und Konzerne haben sich bereits im Kampf gegen die Todesstrafe in den USA als die wichtigsten Mittel zur Unterstützung kämpfender Gefangenen erwiesen. Weitere Bereiche für Protest sind Gesetzgebung und Justiz, die noch immer Gebrauch von drakonisch langen Strafen bei vergleichsweise Bagatell-Vergehen machen. Die Frage von Reform oder Befreiung ist eine, die sich nur mit der konsequenten Unterstützung der einzelnen Gefangenenkämpfe entscheidet.
Stellt Öffentlichkeit her – stellt euch gegen die gewinnorientierte Privatisierung des Strafvollzugs – auch hier!
Unterstützt Mumia Abu-Jamal und andere kämpfende Gefangene in den USA in ihrem Kampf um Freiheit!
Schreibt Gefangenen, wir haben hier z.B. Postkarten an Mumia – und nehmt welche für Freund*innen und Freunde mit!
Free Mumia – FREE THEM ALL!
Ein Gedanke zu „Redebeitrag „USA: Langzeitstrafen, Alter und Knast““