USA: Langzeitstrafen, Alter und Gesundheit

Redebeitrag auf Free Mumia – Free Them All Demonstration am 24. April 2024

In den USA werden nicht nur horrend lange sondern i.d.R. auch flexible Haftstrafen erlassen. Gefangene sollen angehalten werden, sich möglichst allem zu unterwerfen, um eventuell etwas früher aus der Haft zu kommen. Sog. „Begnadigungsausschüsse“ bewerten nach Ablauf der Mindeststrafen den sog. „Resozialisierungsstand“ der jeweiligen Gefangenen und lehnen eine Entlassung in den meisten Fällen ab, auch wenn die/der Gefangene sich an alle auferlegten Regeln gehalten hat, einschließlich der Selbsterniedrigung und der verweigerten Solidarität mit Mitgefangenen.

Kämpfende Gefangene werden oft dazu angehalten, ihren Widerstand aufzugeben oder sich von ihren jeweiligen politischen Organisationen abzugrenzen. Das erlebten viele Gefangene aus der ehemaligen Black Panther Partei. Auch der Indigene Leonard Peltier hat bereits diverse dieser Anhörungen hinter sich, bei denen z.B. die Bundespolizei FBI regelmäßig mit der Feststellung intervenierte, dass „irgendwer ja für den Tod zweier FBI Beamten sitzen müsse“, auch wenn alle wissen, dass Peltier nicht der Mörder ist. Im Juni 2024 steht der nächste Bewährungsausschuß für den inzwischen fast 80-jährigen Leonard Peltier an. Unterstützer*innen arbeiten ähnlich wie bei Mumia daran, dass es dieses mal anders läuft und Peltier endlich frei kommt. Achtet auf Ankündigungen!

Durch die flexiblen Haftstrafen können geschulte und nahezu unbezahlte Arbeitskräfte für die Gefängnisindustrie in Haft gehalten werden. Das Multi-Milliarden-Dollar Geschäft der modernen Sklaverei in den USA erhält so u.a. durch die Begnadigungsausschüsse einem Anschein von „Rechtsstaatlichkeit“ aufrecht.

Die Praxis verweigerter Haftentlassung führte in den vergangenen Jahren dazu, dass in den Knästen der USA zunehmend Gefangene mit sehr hohem Alter und enormen Gesundheitsproblemen eingesperrt leben, für die es unter den Bedingungen der Gefangenschaft kaum ausreichende medizinische Versorgung gibt. Mumia Abu-Jamal stellte bereits 2012 kurz nach seiner Verlegung vom Todestrakt in ein Umschlußgefängnis erstaunt fest, dass die Sicherheitsschleusen und sonstigen Einrichtungen des Gefängnisses nicht rollstuhlgerecht seien, obwohl ca. 1/5 der Gefangenen im SCI Mahanoy altersbedingt gar nicht mehr in der Lage sind, eigenständig zu gehen.

Outgesourcte, komplett oder teilprivatisierte Gesundheitsversorgung sind eine weitere Profitnische der Gefängnisindustrie. Konzerne wie z.B. Corizon verdienen Milliarden daran, staatliche Gelder zu kassieren und möglichst wenig Leistung dafür an Gefangene weiter zu geben. Gefängnisbehörden und Gesetzgeber*innen in den Bundesstaaten unterstützen dies durch Richtlinien, die Gefangenen manchmal erst auf dem Totenbett dringend benötigte Medizin zuerkennt, was vorher wegen hoher Kosten meist verweigert wurde. Es gibt auch immer wieder Fälle, in denen Gefangene ohne Behandlung nach einer Phase der Kontaktsperre einfach tot in der Zelle „aufgefunden“ werden.

Für die gesundheitliche Versorgung von Mumia Abu-Jamal standen wir in den vergangenen Jahren auch schon einige Male hier. Der Journalist und Black Panther benötigt derzeit dringend Möglichkeiten, Bewegungsübungen zu machen und eine angemessene Ernährung, um die doppelte Herzbypass Operation von vor drei Jahren zu therapieren. Dazu läuft derzeit erneut eine Behörden Anruf/Fax & Mail Aktion. Erste Erfolge in Bezug auf benötigte Medikamente und Ernährung konnten bereits erreicht werden. Macht mit und haltet den Druck aufrecht. Alle notwendigen Informationen findet ihr auf der Webseite www.freiheit-fuer-mumia.de

Öffentlichkeit und Druck auf Behörden und Konzerne haben sich bereits im Kampf gegen die Todesstrafe in den USA als wichtigstes Mittel zur Unterstützung kämpfender Gefangenen erwiesen. Weitere Bereiche für Protest sind Gesetzgebung und Justiz, die noch immer Gebrauch machen von drakonisch langen Strafen bei vergleichsweise geringen Vergehen. Die Frage von Reform oder Befreiung ist eine, die sich nur mit der konsequenten Unterstützung der einzelnen Gefangenenkämpfe entscheidet.

Stellt Öffentlichkeit her!

Stellt euch gegen die gewinnorientierte Privatisierung des Strafvollzugs!

Unterstützt Mumia Abu-Jamal und andere kämpfende Gefangene in den USA in ihrem Kampf um Gesundheit und Freiheit!

Free Mumia – FREE THEM ALL!

Abschaffung der Todesstrafe – überall!

Redebeitrag auf Free Mumia – Free Them All Demonstration am 24. April 2024

Albert Camus verfasste bereits 1955 den Essay “Die Guillotine. Betrachtungen zur Todesstrafe“. Er setzt sich in dem Essay mit dem Argument auseinander, die Todesstrafe hätte eine abschreckende Wirkung. Er erhebt starken Zweifel an deren Abschreckungswirkung. Drei wesentliche Gegenargumente führte er hierbei an:

  1. Glaube die Gesellschaft selbst nicht an den Abschreckungseffekt.
  2. Gibt es keinen Beweis dafür, dass Menschen, die den Entschluss zum Morden gefasst haben, sich durch die drohende Todesstrafe von ihrem Vorhaben abbringen ließen.
  3. Ermögliche die Vollstreckung der Todesstrafe die Befriedung widerlicher Gelüste.

Die Todesstrafe ist keine Antwort auf Mord und brutale Gewalt. Wo sich der Staat zum Richter über Leben und Tod aufschwingt, nimmt nicht Gerechtigkeit ihren Lauf, sondern Rache und Vergeltung – und in vielen Fällen stehen hinter den Urteilen auch völlig andere Motive, z.B. politisch repressive, rassistische und klassistische Gründe zur Sicherung von Herrschaft.

Das viel bemühte autoritäre Argument, Angehörige von Mordopfern könnten so zu einem Abschluß ihrer Trauer kommen, ist viele Male widerlegt worden. In den vergangenen Jahren haben wir gerade in den USA gesehen, dass viele Angehörige sich gegen Hinrichtungen aussprechen und sich an die Seite der Gefangenen gestellt haben. Oft lautete ihr Ruf an den Staat: „Not in my name!

Die Todesstrafe ist in jedem Land, in dem sie angewandt wird, nichts anderes als ein Terrorinstrument gegen die eigene Bevölkerung. In den USA dient sie vor allem dazu, die aus der Sklaverei entstandene Vormachtstellung der weißen Bevölkerung zu sichern. Angeklagte mit geringem oder gar keinem Einkommen und Herkunft aus gesellschaftlichen Minderheiten sind völlig chancenlos. 2/3 aller Todestrakt Gefangenen in den USA sind People Of Color, obwohl sie insgesamt gerade einmal 20% der US Bevölkerung ausmachen.

Mumia Abu-Jamal fordert uns auf, uns Gedanken über den Zusammenhangvon Freiheit und Unfreiheit zu machen, über das Missverhältnis bei der Anwendung der Todesstrafe nachzudenken. Mumia hat immer wieder darauf hingewiesen, dass wir hier draußen in der sogenannten „freien Gesellschaft“ von dem System staatlicher Gewalt, das sich auf Einkerkerung und Todesstrafe zur Aufrechterhaltung der Herrschaft stützt, nicht unberührt bleiben. Der momentane autoritäre Sog fördert dabei die „niederen Gelüste“, von denen Camus bereits 1955 sprach: so entschied das Oberste Gericht des US Bundesstaates Arizona im Mai 2022, dass es legal sei, Gefangene auch mit Zyklon B in einer Gaskammer hinzurichten.

So kommt zu der Folter des Giftspritzencocktails, des elektrischen Stuhls und der Erschießungskomandos erneut eine Methode ins Spiel, mit der Nazi-Deutschland Millionen Jüdinnen und Juden, Sinti, Roma und Gegner*innen in Konzentrationslagern ermordet hat. Wir haben den weltweiten Aufschrei darüber im Sommer 2022 stark vermisst – und vermissen ihn bis heute.

Wir wissen, dass die Verbrechen des Kolonialismus überall auf der Welt lange Schatten werfen und die dort verübten Brutalitäten durch Erniedrigungen und Massenmord die Wege für die Verteilung des Reichtums von unten nach oben geebnet haben und dass dieser Zustand bis heute anhält. Der Kampf gegen die Todesstrafe und gegen die Hinrichtung einzelner Gefangener ist immer auch ein Kampf gegen Ausbeutung, Unterdrückung und Krieg, gegen all die Lügen, die wir uns täglich anhören müssen. Es ist der Kampf für Glück und Freiheit für alle. Das gilt in den USA genauso wie in China, Iran, Ägypten, Saudi-Arabien oder Japan, um nur einige der Henker*innenstaaten zu nennen.

Wir rufen euch daher auf, Gefangene in Todestrakten direkt zu unterstützen: lasst uns die z.B. die Hinrichtungen von Rodney Reed in Texas oder Keith Lamar in Ohio verhindern!

Keith Lamars Hinrichtung in Ohio wurde vor kurzem wg. Lieferschwierigkeiten der Hinrichtungspharmaka auf 2027 verschoben. Rodney Reed in Texas ist noch immer bedroht. Bei ihm sieht sogar alles danach aus, als ob die Polizei ihn damals wissentlich beschuldigte, um damit einen ihrer Kollegen zu schützen, der mit großer Wahrscheinlichkeit einen Mord begangen hat. Beide Exekutionen können mit entsprechendem Druck verhindert werden. Achtet auf Ankündigungen und tretet mit uns in Kontakt, wenn ihr dazu beitragen wollt.

Sklaverei und Lynchjustiz endgültig abschaffen!

Weg mit der Todesstrafe – überall!

Sklaverei und Widerstand in den USA

Redebeitrag auf der Free Mumia – Free Them All Demonstration am 24. April 2024

In bürgerlichen Geschichtsbüchern wird das Ende der Sklaverei in den USA auf 1865 datiert. Noch immer sind sich nur wenige bewusst, dass schon der damals erlassene 13. Verfassungszusatz zur Abschaffung der Sklaverei diese auch gleich wieder eingeführt hat. Allerdings sind versklavte Menschen seitdem nicht mehr Besitz von Privatleuten, sondern gehören dem Staat, der sich bis heute das Recht heraus nimmt, sie sämtlicher Grundrechte zu berauben, auszubeuten und zur Gewinnsteigerung an Konzerne zu vermieten.

Derzeit sind ca. 2,14 Millionen Menschen in den USA eingesperrt, weitere ca. 5 Millionen unterliegen staatlicher Aufsicht und haben so gut wie keine Bürgerinnenrechte mehr. Kein anderes Land der Erde kommt auch nur annähernd auf ähnlich hohe Inhaftierungsraten wie das sog. „Land Of The Free“ – das vermeintliche Land der Freien, wie sich die USA selbst gerne nennen. Beinahe alle Gefangenen haben keine finanziellen Mittel, um sich vor der Justiz angemessen zu verteidigen. Ca. 97% der jetzigen Gefangenen wurden sogar ohne Gerichtsverfahren ins Gefängnis gesteckt, weil sie durch „Plea Bargains“ oder „Three-Strikes“ Regeln eines Verfahrens beraubt wurden. Auffällig ist, dass der größte Teil der Gefangenen People Of Color sind, vorwiegend Afroamerikanerinnen, Hispanics, Asiat*innen und Indigene.

Ein treibender Faktor der Masseninhaftierung ist der ökonomische Anreiz zur beinahe kostenlosen Abschöpfung der Arbeitskraft dieser Gefangenen in der staatlich/privaten Gefängnisindustrie. Sie ist genau wie ihre Nachahmer*innen in Australien, Großbritannien oder der EU einer der wenigen sog. „Standortgaranten“ gegenüber der outgesourcten Billiglohn-Produktion.

Die Masseninhaftierung in den USA ist in ihrem Ausmaß derzeit beispiellos und nichts anderes als die Fortsetzung der Sklaverei unter anderem Namen. Innerhalb und außerhalb der Gefängnisse steigt der Widerstand gegen diese Rechtlosigkeit und eine Gesellschaft, in der Menschen ohne Teilhabe versklavt werden. Die US Gefängnisindustrie erwirtschaftet Milliardengewinne mit der Ausbeutung der Gefangenen. Jedoch sieht sie sich seit 2010 zahlreichen Streiks und Aktionen zur Abschaffung der Sklaverei gegenüber. In Kalifornien, Texas, Alabama, Georgia, Pennsylvania, New York – eigentlich überall beteiligten sich Zehntausende von Gefangenen an diversen Arbeitskampfformen. Seit 2016 ist die zentrale, us-weite Forderung von innerhalb der Gefängnisse die endgültige Abschaffung der Sklaverei.
Organisationen, Angehörige und lokale Bündnisse unterstützten diese Kämpfe von außerhalb der Gefängnisse. Große Medien berichten seit 2018 kaum noch darüber. Trotz dieser Missachtung durch die drei marktbeherrschenden Konzernmedien in den USA gelingt es den Gefangenen, sich Gehör zu verschaffen. Selbst konservative Politiker*innen kommen inzwischen nicht mehr umhin, sog. „Strafrechtsreformen“ anzumahnen und die Streichung diverser Bagatellvergehen aus dem Strafkatalog zu fordern.

Gefängnisse und Abschiebelager sind die Experimentierfelder staatlicher Unterdrückung. An den Kämpfen der Gefangenen – z.B. den USA – können wir zukünftige Arbeitskämpfe auch hier bereits jetzt erkennen. Wenn wir der gewinnorientierten Ausbeutung von Gefangenen, also der legalisierten Sklaverei entschlossenen Widerstand entgegensetzen, verteidigen wir dabei auch unsere eigenen Lebensumstände.

Ob die Sklaverei in den USA fällt oder dem Protest lediglich durch einige Reformen die Dringlichkeit genommen wird, liegt auch an der Bereitschaft von uns allen, die Kämpfe der Gefangenen zu unterstützen. Gefängnisabolitionismus ist ein Teil auf dem Weg zu einer befreiten Gesellschaft. Solidarität ist dabei unsere stärkste Waffe.


FREE THEM ALL!

Erste Erfolge im Kampf um Gesundheitsversorgung: Besuch bei Mumia Abu-Jamal

Bericht vom Bundesweiten Free Mumia Netzwerk

Noelle Hanrahan & Mumia Abu-Jamal, SCI Mahanoy Gefängnis, März 2024

Ende Februar 2024 alarmierten Unterstützer*innen des seit 1981 (!) gefangenen Journalisten Mumia Abu-Jamal in den USA über die mangelhafte Gesundheitsversorgung des politischen Gefangenen im SCI Mahanoy Gefängnis. Mumia ist nach mehreren schweren Gesundheitskrisen und ausgebliebener Nachversorgung schwer beeinträchtigt.

Weltweit schrieben, mailten und telefonierten Unterstützer*innen in den vergangenen Wochen an die drei zuständigen Behörden des US Bundesstaates Pennsylvania. Am 14. März 2024 berichtete Noelle Hanrahan von Prison Radio anhand von Beispielen aus Mumias Gefängnisalltag, dass sie bei einem Haftbesuch erste Erfolge dieser Kampagne und eine leichte Verbesserung von Mumias Gesundheitslage feststellen konnte.

Es folgt ihr übersetzter Bericht und anschliessend ein aktualisierter Aufruf, weiterhin die Gefängnisbehörden Pennsylvanias mit Forderung nach vollständiger medizinischer Hilfe für Mumia zu kontaktieren.

Bericht von einem Besuch bei Mumia Abu-Jamal in SCI Mahanoy

von Noelle Hanrahan, Prison Radio, 14. März 2024

Gestern machte ich eine mehrere hundert Meilen lange Fahrt auf den Autobahnen Pennsylvanias zum Gefängnis SCI Mahanoy in Frackville und wieder zurück, um Mumia Abu-Jamal zu besuchen.

Ich möchte hier in loser Folge einige Eindrücke von diesem Besuch mitteilen.

Mumia sah so gut aus wie seit mindestens August 2023 nicht mehr. Er ist stabil, sein Gesundheits­zustand verbessert sich allmählich. Und die Kampagne, die ihr Aktivist*innen weltweit für eine gesunde Ernährung für ihn betrieben habt, zeigt Wirkung. Eure Anrufe und Briefe haben einen Unterschied gemacht.

Er bekommt seine verordneten Medikamente und setzt sich weiter für eine angemessene Ernährung ein. Gestern sagte er: „Letzte Woche haben sie dreimal Weizenbrot ausgegeben! Normalerweise bekommen wir nur sonntags manchmal etwas anderes als Weißbrot, vielleicht einmal im Monat. Diese Woche gab es sogar eine riesige Portion Salat auf meinem Blech, ich war richtig schockiert!“

Er ist lebhaft, wach und macht einen robusten Eindruck. Das ist völlig anders als bei all meinen Besuchen seit September 2023, als ich ihn am liebsten gleich in die Notaufnahme gebracht hätte.

Ich besuche ihn alle zwei Wochen, manchmal öfter, weil Mumia äußerst verwundbar ist: Man verweigert ihm eine richtige Herztherapie, er ist gefährdet wegen der jahrzehntelangen Vernachlässigung seiner Hepatitis C, schlägt sich mit einer extrem quälenden Psoriasis herum und muss den Stress von 42 Jahren im Gefängnis, davon 29 Jahren in Isolationshaft aushalten.

Es ist ganz einfach so, dass jede*r einzelne von euch Mumia Abu-Jamal am Leben erhalten hat.

Wann immer ihr das Telefon in die Hand genommen oder eine Postkarte geschickt, einen Mumia-Magnet an euren Kühlschrank geheftet, seine Bücher und Beiträge gelesen oder gehört, ein T-Shirt getragen, eine Spende gemacht oder demonstriert habt, war das wichtig.

Danke, dass ihr eine Beziehung zu ihm, seinem Lächeln, seiner Widerstandskraft, seiner geistigen Führerschaft und seiner unbeugsamen Integrität hergestellt habt. Jedes einzelne Wort, das Mumia zu Papier bringt, schreibt er auch als Antwort auf eure Bemühungen, die Gefängnismauern zwischen ihm und euch zu überwinden.

Mumia wird am 24. April 2024 70 Jahre alt. Das Gefängnis lässt die Menschen altern. Das Fehlen körperlicher Betätigung, einer gesunden Ernährung und einer angemessenen medizinischen Behandlung hat direkte Auswirkungen in Gestalt nachlassender Gesundheit.

Und traumatische Erfahrungen machen alles noch schlimmer. Mumia wurde von der Polizei fast erschossen, lebte fast drei Jahrzehnte im Todestrakt und überlebte zwei Hinrichtungsbefehle. Hinzu kamen der Verlust seiner Tochter Samiya „Goldii“ Davis Abdullah und vor nur etwas mehr als einem Jahr der Tod seiner Frau Wadiya Jamal, mit der er schon vor seiner Verhaftung zusammen war.

Das alles macht Mumias Gesundheitszustand prekär.

Er braucht eure Solidarität jetzt mehr denn je zuvor.

Seine Ernährung ist immer noch nicht gesund fürs Herz und wir müssen uns weiterhin für angemessene kardiologische Rehabilitationsmaßnahmen einsetzen. Mumia sagte mir, dass die körperlichen Bewegungsmöglichkeiten im Gefängnis immer noch sehr stark eingeschränkt sind. „Heute beendeten sie den Hofgang nach einer Viertelstunde, weil es zu schneien anfing und ein beißender Wind aufkam, sodass der Schichtleiter alle rein befahl.“

Als wir über körperliches Training an der frischen Luft sprachen, bemerkte Mumia, dass inzwischen nur noch ein paar Leute nach draußen gehen. Vor Covid und den Gefängnis-Lockdowns waren immer Hunderte von Gefangenen im Hof. Vor 2021 konnten alle Gefangenen in die Cafeteria gehen und dort zusammenkommen, aber jetzt wird das ganze Essen auf Tabletts in die einzelnen Zellen gebracht. Letzte Woche schlossen sie alle Gefangenen 72 Stunden lang ein, weil eine Hauptwasserleitung kaputtgegangen war.

Vor kurzem wurde in SCI Mahanoy ein Verbot eingeführt, im Tagesraum umherzugehen. Wenn Mumia also klingelt, um in den Tagesraum zu gehen, darf er da nicht umherlaufen. Die Gefängnisbeamten haben dort einen Hometrainer aufgestellt, aber der hat keine Steckdose in seiner Nähe. Mumia kann ihn verwenden, weil er „vor über 25 Jahren in Huntingdon ein Verlängerungskabel gekauft“ hat.

Er erklärte mir, „Ich bin halt etwas seltsam und habe es aufgehoben.“ Aber alle anderen Gefangenen haben hier Pech, weil das Gerät ohne Strom nicht funktioniert.

Mumia gehört in Mahanoy zu den vielem Lebenslänglichen, die dort, wie er sagt, im „langsamen Todestrakt“ und einem „Tod durch Einkerkerung“ ausgesetzt sind. Hier eine weitere Geschichte.

Ebenfalls gestern schob ich mich, nachdem sie von den elektronischen Buzzern geöffnet worden waren, durch schwere Metalltüren, um zusammen mit Natalie, einer Frau, die zum ersten Mal hier war, den langen, kalten Flur entlang zum Besuchsraum zu gehen.

Sie hatte ihren Bruder seit 23 Jahren nicht gesehen. Freddy ist 52 Jahre alt, sitzt eine lebenslängliche Haftstrafe ab und hat metastasierenden Krebs mit einer Lebenserwartung von nur ein paar Monaten. Er bekam seine tödliche Diagnose, nachdem er über schwere Schmerzen berichtete und zuvor fehldiagnostiziert worden war.

Das ist alles sehr hart, aber wir sind nicht allein.

Schließen wir uns weiter zusammen und setzen wir uns für Mumia und all die Menschen hinter diesen Mauern ein – für Gerechtigkeit und Freiheit. Nehmt euch einen Moment Zeit, um die Verbindung, die Mumia zu uns aufrechterhält, zu würdigen. Bleibt weiterhin aktiv und tragt zu diesem Kampf bei, was immer ihr könnt.

Wenn wir lieben, siegen wir.

Wenn wir überleben, siegen wir.

Wenn wir kämpfen, siegen wir.

Noelle Hanrahan

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Mumia geht es besser, aber der Kampf um Gesundheitsversorgung ist noch nicht zu Ende

Hier gibt es weitere Infos und einen neuen Musterbrief an Behörden in englisch:

Mumia Abu-Jamal Health Alert & Action (March 2024)
https://www.prisonradio.org/news-update/mumia-abu-jamal-am-8335-health-alert-action/

In den folgenden Bildern fehlt leider die internationale Telefonvorwahl für die USA. Setzt bei Anrufen bitte jeweils eine 001 davor.

Im 5. Bild ist der Mustertext an die Knastbehörden enthalten, ebenfalls auch Prison Radio .

Lasst die Drähte glühen!

FREE MUMIA – Free Them ALL!

Download: Broschüre „Indigener Widerstand in den Americas“

Broschüre: Indigener Widerstand in den Americas

A5 Broschüre – 56 Seiten PDF – s/w kopierbar Indigener Widerstand Februar 2024 DOWNLOAD

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Radiomitschnitt

Am 16. Februar 2024 stellten wir die Broschüre im Berliner Zilona Gora vor. Radio Aktiv Berlin nahm den Vortrag auf und sendete ihn Anfang März im Freien Radio Berlin Brandenburg. Nun ist der Mitschnitt hier zu hören.

Länderübergreifender Kampf um Gesundheitsversorgung für Mumia Abu-Jamal

Mumia Illustration von Prison Radio

Am 11. Februar 2024 berichteten wir über die schlechte Gesundheitslage des afroamerikanischen Journalisten und Black Panther Mumia Abu-Jamal, der seit über 42 (!) Jahren als politischer Gefangener im US Bundesstaat Pennsylvania festgehalten wird. Die fortlaufende Verschlechterung seiner Gesundheit sind ein Resultat jahrzehntelanger Isolationshaft, allgemeinen Altersbeschwerden sowie gezielter Schikanen, denen der Gefangene seit langem ausgesetzt ist. Einige Jahre haben Besucher*innen und Mumias Verteidigung nun bereits ärztlich verschriebene Verbesserungen angemahnt. Alle Beteiligten wissen: die einzig wirksame Medizin für Mumia Abu-Jamal ist Freiheit.

Allerdings hat die Leitung des SCI Mahanoy bisher nur zögernd und in sehr kleinen Schritten auf die Forderungen vor Ort reagiert. Daher ruft die länderumspannende Solidaritätsbewegung nun zu Protesten auf, um Mumia die überlebensnotwendigen Bedingungen zu schaffen, die er braucht, bis er endlich frei ist.

Wir dokumentieren nun den Aufruf in deutscher Übersetzung:

AUFRUF für Mumia Abu-Jamal #AM 8335 – Ende Februar 2024

Am 19. April 2021 hatte Mumia Abu-Jamal eine doppelte Bypass-Operation am Herzen. Sein Arzt verschrieb ihm zur Genesung ausdrücklich eine Herzdiät und regelmässige Übungen. Bis heute – fast drei Jahre später – hat das Gefängnis ihm beides nicht gegeben. Im Gegenteil – der Gefängnishof ist oft geschlossen und ihm wurde verboten, im Tagesraum umher zu laufen. Mumia ist sehr geschwächt. Seine schwere Hautentzündung ist wieder aktiv, die ständig schmerzhaft juckt und ihm starkes Unbehagen bereitet. Sein Herz und seine gesamte Gesundheit sind schwer beeinträchtigt. Die Ernährung im Gefängnis und die eingeschränkte Bewegung stehen in völligem Widerspruch zur ärztlichen Anordnung und den Behandlungsstandards von Herzkrankheiten. Und es ist eine Menschenrechtsverletzung, betagte Menschen im Gefängnis festzuhalten.

Werdet aktiv!

Es ist höchste Zeit, eine geeignete Ernährung für Mumias Herz zu fordern: Er braucht dreimal täglich frisches Obst, Gemüse und Vollkornprodukte und darf kein stark vorbehandeltes Essen mit viel Zucker, Salz und Konservierungsmitteln essen. Ausserdem muss ihm der täZugang zu Trainingsmöglichkeiten und Physiotherapie ermöglicht werden.

Der Tod auf Raten durch lebenslängliche Inhaftierung muss abgeschaft werden.

Freiheit für Mumia Abu-Jamal!

Bitte schreibt an folgende oder eine der folgenden Einrichtungen:

Dear Lady, dear Sir,
We urge you to let Mumia Abu-Jamal #AM 8335 having a healthy heart diet that includes fresh fruit and vegetables, whole grains and legumes, and limited highly processed foods, and we demand access for Mumia to do regular exercise every day. He urgently needs it to get well again.
Thank you very much,
Yours sincerely

Zuständige Behörden:

Superintendent, Bernadette Mason:
Fon: 001 -570-773-2158
Email: bmason@pa.gov
Post: SCI Mahanoy
PA Dept of Corrections
301 Grey Line Drive,
Frackville, PA 17931
USA
  • Secretary of PA Dept of Corrections, Laurel Harry
    Fon: 001 – 717-728-4109
    Email: ra-crpadocsecretary@pa.gov
    Message this form: https://py-forms-prod.powerappsportals.us/DOCContactUs/
    Post: Laurel Harry
    Secretary of PA Dept of Corrections
    1920 Technology Parkway
    Mechanicsburg, PA 17050
    USA
  • Acting Deputy Secretary Eastern Region, Morris Houser
    Fon: 001 – 717-728-4122 ext. 4123
    Email: mhouser@pa.gov

weitere Infos: Prison Radio

FREE MUMIA – FREE THEM ALL!

Ländervorwahl USA 001 bitte vor allen Rufnummern einsetzen
Berlin, 24. April 2024

Online Petition zur medizinischen Unterstützung des Gefangenen Mumia Abu-Jamal als weiterer Schritt, den Behörden in Pennsylvania klar zu machen, dass die katastrophalen Haftbedingungen in der Masseninhaftierung/Gefängnisindustrie in den USA nicht unbeobachtet bleiben:

Tell Pennsylvania to Care About Aging Prisoners

Mumia Abu-Jamals Gesundheit verschlechtert sich im SCI Mahanoy Gefängnis

Am 9. Februar 2024 berichtete Mumias Vertrauensarzt in einer ersten Stellungnahme darüber, dass sich Mumia Abu-Jamals Gesundheitszustand seit Herbst 2023 deutlich verschlechtert hat.

Er führt das auf die bis heute fehlende Therapie nach der Herzoperation (4 Bypässe) Mumias von 2021 zurück.

U.a. erhält der Gefangene im SCI Mahanoy Gefängnis in Pennsylvania, USA keine Ernährung, die für einen Patienten mit seinen Herzproblemen sowie seiner altersbedingten Diabetes geeignet wäre. Mumia hat stark an Gewicht verloren. Er hat in den vergangenen Wochen alle Haare verloren und seit mehreren Jahren massive Hautprobleme, die ihn aktuell sogar am Schlafen hindern.

Mumia Abu-Jamal wird am 24. April 2024 seinen 70. Geburtstag begehen, zum 42. (!) Mal in Haft. Die beste Gesundheitsfürsorge für Mumia wäre Freiheit. Daran arbeiten viele Menschen seit langer Zeit und ohne Unterbrechung.

Aber Mumia braucht dringend sofort geeignete Gesundheitsfürsorge. Möglicherweise wird die Solidaritätsbewegung – also wir alle – ihm in naher Zukunft bei der Durchsetzung helfen können. Praktische Vorschläge werden derzeit in den USA vorbereitet.

Stay alert !

Weitere Infos bald bei Free Mumia Berlin und dem Bundesweiten Free Mumia Netzwerk

Berlin: Broschürenvorstellung „Indigener Widerstand in den Americas“

Fr, 16. Februar 2024

Berlin, Zielona Gora 19:00 Uhr
Broschürenvorstellung „Indigener Widerstand in den Amerikas“


19:00 Uhr Kiezküche – 20:00 Uhr Veranstaltung

weitere Informationen


Zielona Gora

Grünberger Str. 73 (Boxhagener Platz)

10245 Berlin-Friedrichshain – U5-Samariterstr.

Leonard Peltier: 48 Jahre Haft – und weiter?

1968 organisierte sich der junge Indigene Leonard Peltier im American Indian Movement, um gegen die damals wie heute anhaltende koloniale Gewalt in den USA zu kämpfen. Sog. „Boarding Schools“, in die indigene Kinder in den USA und Kanada verschleppt wurden, um sie in die weiße Gesellschaft zwangsweise zu assimilieren, erwiesen sich als lebensgefährliche Orte für viele. Auch Peltier durchlief diese Zeit des Terrors, die er rückblickend als die erste Haftstrafe seines Lebens bezeichnet. Seit 1976 sitzt er seine zweite Haftstrafe für einen nie bewiesen Mord an zwei FBI Beamten ab und ist mit 79 Jahren inzwischen schwer erkrankt. Trotz 48 (!) Jahren Haft schöpfen er und Unterstützer*innen allerdings Hoffnung auf einen 2024 anstehende Bewährungsanhörung und intensivieren die Solidaritätsaktivitäten.

Indigene, die seit der Kolonialisieung der Americas durch europäische Feudalgesellschaften mit Massenmord und Staatsterrorismus u.a. in entlegende Gebiete der heutigen USA verdrängt worden sind, wurden und werden immer wieder Opfer von Land- und Bodenschatzinteressen durch Konzerne und Regierung. 1973 war Leonard Peltier am „March of Broken Treaties“ beteiligt, als tausende Indigener über Monate hinweg aus allen Teilen der USA nach Washington D.C. liefen, und Gespräche über die schweren Vertragsbrüche mit US Regierung besprechen wollten. Als sie vom Weißen Haus und Kongreß abgewiesen wurden, besetzten sie kurzfristig das „Bureau of Indian Affairs“, also die US Regierungsbehörde, die bis damals den Terror gegen Indigene zentral organisierte. Zwar hielt diese Besetzung nur sieben Tage an, aber Leonard Peltier war seitdem auf der Zielliste des FBI, das mit dem damals noch geheimen Programm „COINTELPRO“ systematisch gegen politische Aktivist*innen vorging.

Dieses Programm umfasste alles von Überwachung, Falschinformationen und gegenseitiger Hetze, Infiltrationen und Aufstachelung zu illegalen Aktionen, gefälschten Beweisen vor Gericht bis hin zum offenen Mord an politischen Gegner*innen. Es wurde 1975 in einem nach seinem Vorgesetzten benannten „Church Comittee“ Untersuchungsausschuß aufgedeckt. Seit „September 11“ sind alle diese Methoden polizeilichen Handelns legaler Bestandteil der „Homeland Security“ Gesetze in den USA.

Mitte der 1970er wurden in der Pine Ridge Reservation, einer entlegenden ländlichen Gegend, in die viele Indigene der Oglala verdrängt worden waren, Uran gefunden. Fortan versuchte eine Todesschwadron namens „G.O.O.N.“ unter Leitung des korrupten indigenen Gemeindevorstehers Dick Wilson, Indigene zu verjagen, die ihr Land nicht (erneut) an die US Regierung abgeben wollten. Nach offiziellen Angaben wurden 62 Menschen durch diese Todesschwadron ermordet. Schätzungen besagen jedoch, dass es vermutlich über 400 waren. Das alles geschah mit ausdrücklicher Billigung und Beobachtung durch die US Bundespolizei FBI, die auch Waffen und Training bereit stellte.

In dieser aussichtslosen Situation riefen die Bewohner*innen der Pine Ridge Reservation das American Indian Movement (A.I.M.) um Hilfe. A.I.M. war wenige Jahre zuvor geründet worden, um – insperiert durch die Black Panther Party – Selbstverteidigung indigenen Lebens gegen rassistische Gewalt zu organisieren. Eine Gruppe A.I.M. Aktivist*innen, zu denen auch Leonard Peltier gehörte, ging nach Pine Ridge und wurde 1975 in ein Feuergefecht mit dem FBI, föderalen Soldaten, dem G.O.O.N. sowie einer lokalen weißen Militia verwickelt. Zwei FBI Beamte fuhren ohne Kennzeichnung mit hoher Geschwindigkeit auf die Jumping Bull Farm, in der sich das Camp der A.I.M. Aktivist*innen befand. In dem darauf folgenden Schutzwechsel starben diese beiden Beamten sowie ein junger A.I.M. Aktivist. Dem Rest der A.I.M. Gruppe gelang die Flucht, obwohl sie von Hunderten scharf schiessender Angreifer umzingelt waren. Lokale Indigene versteckten die ca. 30 A.I.M. Aktivist*innen über Monate in der Region, bis den meisten schliesslich die Flucht aus Pine Ride gelang, so auch Leonard Peltier, der nach Kanada flüchten konnte.

Drei A.I.M. Aktivisten wurden jedoch gefasst und des Mordes an den beiden FBI Beamten angeklagt. In dem darauf folgenden Prozeß konnte jedoch festgestellt werden, dass die Beamten sich nicht ausgewiesen und das Feuer eröffnet hatten, so dass die Angeklagten von ihrem Recht auf Selbstverteidigung Gebrauch gemacht hätten. Außerdem wurde bis heute nicht festgestellt, wer denn konkret die Beamten erschossen habe. Der Tod des damals erschossenen jungen Indigenen wurde allerdings (bis heute) nicht untersucht, die drei Angeklagten jedoch frei gelassen.

Das FBI war darüber sehr enttäuscht und ging gegen Leonard Peltier anders vor. Sie beantragten mit gefälschten Beweisen seine Ausweisung aus Kanada, die am 6. Februar 1976 tatsächlich statt fand. Sie hatten den kanadischen Behörden ein „Geständnis“ einer jungen indigenen Frau vorgelegt, die aussagte, Peltier sei ihr Freund gewesen und habe ihr die Tat gestanden. Im späteren Prozeß sagte sie allerdings aus, dass sie und ihr Kind vom FBI mit ihrem Leben bedroht worden waren. Ihr seien die Bilder einer verstümmelten Leiche einer anderen A.I.M. Aktivistin vorgelegt worden, die tatsächlich mit Peltier befreundet gewesen war. Dann wurde ihr von den Beamten gedroht, dass ihr und ihrer Tochter das gleiche passieren würde, wenn sie nicht die Falschbelastung gegen Peltier unterschreibe. Ihre Erklärung zu den Umständen ihrer falschen Anschuldigung wurde im Gerichtssaal unter Ausschluß der Jury behandelt und durfte nicht in die Gerichtsakten aufgenommen werden. Das ist einer der Gründe, warum Amnesty International und andere Leonard Peltier als politischen Gefangenen bezeichnen. Sein Verfahren war von ähnlicher „Qualität“, wie der sechs Jahre später stattgefundene Schauprozeß gegen den afroamerikanischen Journalisten Mumia Abu-Jamal ( https://freiheit-fuer-mumia.de/ ).

Peltier war in dem Verfahren völlig chancenlos und medial bereits vorverurteilt. Obwohl der Staat alles an Manipulationen (weitere Falschaussagen, unschlüssige Fiensics etc.) aufbat, konnte selbst in diesem Prozeß nicht geklärt werden, wer den eigentlich die beiden FBI Beamten erschossen habe. Peltier wurde schliesslich wg. Unterstützung eines Mordes an zwei Polizisten zu zweimal lebenslänglich verurteilt.

Als föderaler Gefangener war er bereits kurz darauf Gefangner im Marion Gefängnis, dem ersten „Super Max“ Knast der USA, der nach den großen Gefängnisaufständen der frühen 1970er eigens für die Isolation und psychische Vernichtung politischer Gefangener geplant worden war. Diese Art der Haft wurde später zum allgemeinen Modell, der heute zahlreiche Gefangenen in den USA unterworfen sind.

Peltier überlebt in Haft zwei nachweislich vom FBI vorbereitete Mordanschläge. Viele Mitgefangene lernten ihn als einen angenehmen und trotz der brutalen Haftbedingungen sehr ausgeglichenen Menschen kennen. Er hatte immer wieder starke gesundheitliche Probleme. Die verweigerte medizinische Behandlung mußte ähnlich wie bei Mumia Abu-Jamal immer wieder von außen durchgekämpft werden. Inzwischen leidet Peltier u.a. an einer Aorta Aussackung. Sollte seine Blutgefäße platzen, würde er innerhalb von Minuten innerlich verbluten und hätte in der Isolationshaft keine Überlebenschance. In diesem Zustand lebt er nun seit etlichen Jahren, derzeit im USP Coleman 1 in Florida. Peltier ist inzwischen 79 Jahre alt.

2024 wird es eine Bewährungsanhörung geben. Dabei soll geklärt werden, ob er „resozialisiert“ sei und entlassen werden könne. Angehörigen und Bewohner*innen der Pine Ridge Reservation haben wiederholt ihre Bereitschaft erklärt, den schwer kranken Peltier aufzunehmen. Aber das FBI hatte in vergangenen Anhörungen mehrfach seine weitere Inhaftierung gefordert und erklärt, „irgendwer müße ja schliesslich für den Tod ihrer beiden Beamten sitzen“, auch wenn sie die damalige Auseinandersetzung provoziert hatten. Dass diese Position allerdings nicht einheitlich ist, zeigt sich an der Aussage einer ehemaligen Bundespolizistin, die den Falls viele Jahre für das FBI vertreten hat, Sowohl sie als auch der damalige Staatsanwalt im Verfahren sowie der vor einigen Jahren verstorbene damalige Justizminister der USA haben öffentlich erklärt, dass FBI Peltier fälschlich belastet haben und seine Freilassung gefordert. Bisher gab es keine juristische Reaktion auf diese Aussagen.

Zu Beginn der Inhaftierung gab es starke Unterstützung für Peltier. Sowohl innerhalb der USA als auch weltweit war sein Fall als Beispiel der repressiven kolonialen Gewalt bekannt. Ähnlich wie einige Jahre später bei Mumia Abu-Jamal sah es viele Jahre so aus, als ob die offensichtliche politische Repression gegen ihn ins Leere laufen und er freigelassen würde. Aber politische und soziale Bewegungen sind oft nur kurzfristig und der Staat unnachgiebig. Viele Jahre wurde es sehr ruhig um Peltier, bis endlich 2016 während der Proteste gegen die Ölpipeline DAPL tausende indigener Aktivist*innen aus allen Teilen der USA die Forderung nach Peltiers Freilassung wieder in das Gedächtnis heutiger Aktivist*innen brachten.

Seit einigen Jahren haben sich auch in Europa Menschen vernetzt, die mit zahlreichen Aktivitäten die Freilassung des indigenen Elders erkämpfen wollen. Deshalb finden europaweit rund um den 6. Februar 2024 – den 48. (!) Haftjahrestag Aktionen statt.

In Berlin hat ein Bündnis namens Free Them All gestern eine Kundgebung vor der US Botschaft veranstaltet, an der über 40 Menschen teilnahmen. In den Redebeiträgen wurde mehrfach darauf hingewiesen, dass die Bewährungsanhörung in diesem Jahr wohl die realistischste Möglichkeit für Peltier ist, um endlich freizukommen. Deshalb werden die Bemühungen nun intensiviert. Bereits am 16. Februar findet im Zilona Gora eine Broschürenvorstellung statt, in der es neben Leonard Peltier generell um indigenen Widerstand in den Americas geht. Auf der Webseite des Tokata e.V. aus der Rhein/Main Gegend werden regelmäßig Updates über Leonard Peltier und aus der europäischen Unterstützer*innenvernetzung veröffentlicht.

Free Leonard Peltier – Free Them All!