Grußbotschaft der Berliner Gefangenen Gülaferit Ünsal an die streikenden Gefangenen in den USA

Solidaritätsbotschaft an die streikenden Gefangenen in den USA
von Gülaferit Ünsal, politische Gefangene in der Berliner JVA Lichtenberg, September 2016

Ich grüße die 24.000 amerikanischen Gefangenen, die gegen Sklavenarbeit den größten Gefangenenstreik der US-Geschichte durchführen.

Sie wollen nicht wie Sklaven, sondern wie Menschen leben und eine menschliche Zukunft haben.

Sie wurden in Zellen gesperrt, weil sie ihre Rechte eingefordert, sich organisiert und Widerstand geleistet haben. Ihr Telefon- und Besuchsrecht wurde verboten. Sie wurden einer noch massiveren Isolation ausgesetzt. Einige Gefangene, von denen angenommen wurde, dass sie den Widerstand leiten, wurden in andere Gefängnisse zwangsverlegt.

Wir RevolutionärInnen kennen diese Angriffe nur zu gut. In den Gefängnissen der Türkei wurden unzählige Massaker durchgeführt, um zum US-Gefängnismodell überzugehen.

Genau aus diesem Grund haben wir mit dem Todesfasten gegen die F-Typ Gefängnisse sieben Jahre lang Widerstand geleistet. 122 Menschen sind gefallen.

In den USA gibt es 2,3 Mio. Gefangene. Die große Mehrzahl von ihnen muss für ein paar Cent die Stunde arbeiten.

In den deutschen Gefängnissen ist die Situation auch nicht ganz anders. Die Gefangenen werden als billige Arbeitskräfte ausgenutzt.

Die Gefängnisse in den USA bilden einen wichtigen Sektor innerhalb der kapitalistischen Ausbeutung. Das Zusammentreffen von massiver Isolation sowie harten und langen Haftstrafen mit der Zwangsarbeit hat die Gefangenen zu Sklaven des 21. Jahrhunderts werden lassen.

Während die USA weltweit imperialistische Kriege und Aggression organisiert, versklavt sie auf diese Weise ihre eigene Bevölkerung.

Auf den Straßen der USA wurden 2015 306 Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe von der Polizei ermordet.

Die USA gehört zu jenen Ländern, wo die meisten Menschenrechtsverletzungen stattfinden. Und was sie der Welt als “Demokratie” verkaufen wollen, ist eine Riesenlüge.

Der US-Imperialismus hat bisher jeden und jede, die gegen kapitalistische Ausbeutung und Faschismus ist, als TerroristIn gebrandmarkt.

Genau aus diesem Grund gibt es in der Türkei tausende und in Europa und der BRD dutzende politische Gefangene aus der Türkei.

Wir leisten Widerstand gegen die § 129 a und b, gegen das Gefängnissystem amerikanischen Typs und gegen Isolationsbedingungen. Wir bezahlen einen hohen Preis.

Und weil wir diesen Preis zahlen, leben wir mit unserer Identität als politische Gefangene weiter.

Wir verstehen den Widerstand der amerikanischen Gefangenen nur zu gut.
Und wir rufen aus den deutschen Gefängnissen. Ihr werdet uns nicht zu einem Teil des imperialistisch-kapitalistischen Gefängnissystems machen können.

Wir werden mit unserem Widerstand und unserer Identität als politische Gefangene immer an der Seite der US-Gefangenen und der kämpfenden Gefangenen sein.

Die Sklavenketten können nur durch Widerstand zerbrochen werden. Die Kämpfenden gewinnen immer.

Nieder mit dem US-Imperialismus
Hoch die internationale Solidaritätsbotschaft

Gülaferit Ünsal
26.09.2016

Free Them ALL!

In den USA sind derzeit knapp 2,3 Millionen Menschen eingesperrt, weitere ca. 4,2 Millionen unterliegen staatlicher Aufsicht und haben zum Großteil keine Bürgerrechte mehr. Auffällig dabei ist, dass ein überproportional großer Teil der Gefangenen People Of Color sind, darunter viele Afroamerikaner*innen, Hispanics und Indigene. Beinahe allen Gefangenen gemeinsam ist, dass sie über keine eigenen finanziellen Mittel verfügen, um sich vor der Justiz angemssen zu verteidigen, die ca. 97% von ihnen ohne Gerichtsverfahren ins Gefängnis gesteckt hat.

Ein treibender Faktor bei der Masseninhaftierung in dem sog. „Land Of The Free“ ist dabei der ökonomische Anreiz zur beinahe kostenlosen Abschöpfung der Arbeitskraft dieser Gefangenen in der staatlich/privaten Gefängnisindustrie.

Die Masseninhaftierung in den USA ist in ihrem Ausmass derzeit beispiellos und nichts anderes als Fortsetzung der Sklaverei unter anderem Namen. Innerhalb und ausserhalb der Gefängnisse steigt der Widerstand gegen diese Rechtslosigkeit und eine Gesellschaft, in der Menschen ohne materiellen Wohlstand versklavt werden.

In Berlin hat sich das Bündnis FREE THEM ALL aus Gruppen und Einzelpersonen gebildet, welches die Kämpfe der Gefangenen und ihrer Angehörigen unterstützen möchte. Zu diesem Zweck führt FREE THEM ALL kurz vor den US Präsidentschaftswahlen am 29. Oktober eine Kundgebung vor der US Botschaft in Berlin durch.

Einer der Schwerpunkte wird dabei auf dem indigenen Gefangenen Leonard Peltier sowie der generellen Lebenssituation der Native Americans in den USA liegen. Weiter geht es um die Gefängnisindustrie und die gesundheitliche Versorgung von Langzeitgefangenen am Beispiel der Nichtversorgung von an Hepatitis-C Erkrankten im US Bundesstaat Pennsylvania, unter ihnen der Journalist Mumia Abu-Jamal.

Mumia selbst ruft ebenfalls zur Teilnahme an dieser Kundgebung auf:
Mumia Abu-Jamals calls out to join protest in Berlin on October 29, 2016

Neben Mumia werden weitere Gefangene angefragt, sich mit Grußbotschaften an der Kundgebung zu beteiligen. Live Musik und weitere Beiträge über Frauen im Knast, Solidaritätsarbeit mit Gefangenen und aktuelle europäische Beispiele von Widerstand gegen die Gefängnisindustrie sind ebenfalls geplant.

Free Leonard Peltier – Free Them ALL!