Redebeitrag vom 2. Dezember aus Berlin – Abschaffung der Todesstrafe – überall!

Dieser Redebeitrag wurde am 2. Dezember 2017 auf der Kundgebung FREE MUMIA – Free Them ALL! vor der US Botschaft in Berlin gehalten. 120 Menschen nahmen an der Kundgebung teil.

Abschaffung der Todesstrafe – überall!

„Um das rechte Verhältnis herzustellen, müsste die Todesstrafe gegen einen Verbrecher verhängt werden, der sein Opfer zunächst warnt, dass er es an einem bestimmten Tag auf schreckliche Weise ermorden wird, und es von diesem Moment an monatelang in seiner Gewalt gefangen hält. Ein solches Ungeheuer wird man im privaten Bereich nicht finden.“
Bereits 1955 verfasste Albert Camus den Essay “Die Guillotine. Betrachtungen zur Todesstrafe“, woraus dieses Eingangszitat stammt. Er setzt sich in dem Essay mit dem Argument, die Todesstrafe hätte eine abschreckende Wirkung, auseinander und erhebt starken Zweifel an der Abschreckungswirkung. Drei wesentliche Gegenargumente führte er hierbei an:
1. Glaube die Gesellschaft selbst nicht an den Abschreckungseffekt.
2. Gibt es keinen Beweis dafür, dass Menschen, die den Entschluss zum Morden gefasst haben, sich durch die drohende Todesstrafe von ihrem Vorhaben abbringen ließen.
3. Ermögliche die Vollstreckung der Todesstrafe die Befriedung widerlicher Gelüste.
Die Todesstrafe ist in jedem Land, in dem sie angewandt wird, nichts anderes als ein Terrorinstrument gegen die eigene Bevölkerung. In den USA dient sie vor allem dazu, die aus der Sklaverei entstandene Vormachtstellung der weißen Bevölkerung zu sichern. Angeklagte mit geringem oder gar keinem Einkommen und Herkunft aus gesellschaftlichen Minderheiten sind völlig chancenlos. 2/3 aller Todestrakt Gefangenen in den USA sind People Of Color, obwohl sie insgesamt nicht einmal 20% der US Bevölkerung ausmachen. Dies ist eine Tatsache, die seit vielen Jahren bekannt ist, die wir aber trotzdem immer wieder erneut wiederholen müssen. Auch deshalb sind wir heute hier. Ich möchte in diesem Zusammenhang an die Kurzlebigkeit von Ereignissen und deren Berichterstattung erinnern. Was heute noch in der Öffentlichkeit diskutiert wird, ist morgen oftmals schon aus dem Bewusstsein der meisten Menschen verschwunden. Deshalb dürfen wir nie aufhören zu kämpfen!
Wie fühlt sich ein Mensch, der zum Tode verurteilt wird und sein Leben im Todestrakt verbringen muss? Ich möchte an dieser Stelle Harald Wilson zitieren, der 2012 hier an dieser Stelle über seine Erlebnisse berichtete. Er saß knapp 17 Jahre im Todestrakt, verurteilt für einen dreifachen Mord, den er nicht begangen hatte.
„Als ich in den Todestrakt versetzt wurde, war ich schockiert. Es war eine andere Welt. Wenn du in den Todestrakt kommst, spricht man von dir nur noch als einen Der Verdammten. Dir wird eingebläut, dass sich niemand mehr darum kümmert, was dir passiert. Wir können alles mit dir machen, und niemanden interessiert es.
Stellt euch vor, von einem System eingesperrt zu sein, das darauf ausgerichtet ist, dich systematisch zu entmenschlichen. Dir jegliche Würde zu rauben. Darauf ausgelegt, deinen Geist und Willen zu brechen. Dich von der Außenwelt abzuschneiden und dein Verstand zu zermürben. Deine Bewegungsfreiheit und frische Luftzufuhr so einzuschränken, dass deine Knochen brüchig werden. Keine Farben, keine Geräusche, totale Isolation. In dem Überlebenskampf unter solch beklemmenden Umständen wird der Mensch zum Tier. Es verändert einen Menschen von Grund auf. …
Stellt euch vor, dass eure Hände und Füße zusammengekettet werden, sobald ihr eure Zelle verlasst. Stellt euch vor, in einem Raum zu leben, der etwa so groß ist wie ein Badezimmer. Euer gesamter irdischer Besitz befindet sich in diesem Raum.
Stellt euch die Schreie und den Gestank des brennenden Fleisches eines Mannes vor, der sich für eine Zigarette selbst anzündete. Stellt euch den Anblick zusammengeschlagener, blutiger Körper vor, die vor euch liegen, ihre letzten Atemzüge tun und sterben.
Ich muss es mir nicht vorstellen. 17 Jahre lang erlebte ich es.“

2005 kam Harald Wilson frei, vor allem durch die Unterstützung einiger seiner Mitgefangenen, der Jailhouse Lawyers, der Knastanwälte.

Einer von ihnen ist Mumia Abu-Jamal, der auch Schriftsteller ist und als solcher Mitglied des PEN. In seinen Büchern fordert Mumia uns immer wieder auf, uns Gedanken über die Dialektik von Freiheit und Unfreiheit zu machen, über das Missverhältnis bei der Anwendung der Todesstrafe nachzudenken. Mumia hat immer wieder darauf hingewiesen, dass wir hier draußen in der „freien Welt“ von dem System staatlicher Gewalt, das sich auf Einkerkerung und Todesstrafe zur Aufrechterhaltung der Herrschaft stützt, nicht unberührt bleiben.

Deshalb ist der Kampf gegen die Todesstrafe und gegen die Hinrichtung einzelner Gefangener immer auch ein Kampf gegen Ausbeutung, Unterdrückung und Krieg, gegen all die Lügen, die wir uns täglich anhören müssen. Es ist der Kampf für Glück und Freiheit für alle.

Abschaffung der Todesstrafe – überall!

FREE MUMIA - US Botschaft - Berlin Dez 2017

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