1968 organisierte sich der junge Indigene Leonard Peltier im American Indian Movement, um gegen die damals wie heute anhaltende koloniale Gewalt in den USA zu kämpfen. Sog. „Boarding Schools“, in die indigene Kinder in den USA und Kanada verschleppt wurden, um sie in die weiße Gesellschaft zwangsweise zu assimilieren, erwiesen sich als lebensgefährliche Orte für viele. Auch Peltier durchlief diese Zeit des Terrors, die er rückblickend als die erste Haftstrafe seines Lebens bezeichnet. Seit 1976 sitzt er seine zweite Haftstrafe für einen nie bewiesen Mord an zwei FBI Beamten ab und ist mit 79 Jahren inzwischen schwer erkrankt. Trotz 48 (!) Jahren Haft schöpfen er und Unterstützer*innen allerdings Hoffnung auf einen 2024 anstehende Bewährungsanhörung und intensivieren die Solidaritätsaktivitäten.
Indigene, die seit der Kolonialisieung der Americas durch europäische Feudalgesellschaften mit Massenmord und Staatsterrorismus u.a. in entlegende Gebiete der heutigen USA verdrängt worden sind, wurden und werden immer wieder Opfer von Land- und Bodenschatzinteressen durch Konzerne und Regierung. 1973 war Leonard Peltier am „March of Broken Treaties“ beteiligt, als tausende Indigener über Monate hinweg aus allen Teilen der USA nach Washington D.C. liefen, und Gespräche über die schweren Vertragsbrüche mit US Regierung besprechen wollten. Als sie vom Weißen Haus und Kongreß abgewiesen wurden, besetzten sie kurzfristig das „Bureau of Indian Affairs“, also die US Regierungsbehörde, die bis damals den Terror gegen Indigene zentral organisierte. Zwar hielt diese Besetzung nur sieben Tage an, aber Leonard Peltier war seitdem auf der Zielliste des FBI, das mit dem damals noch geheimen Programm „COINTELPRO“ systematisch gegen politische Aktivist*innen vorging.
Dieses Programm umfasste alles von Überwachung, Falschinformationen und gegenseitiger Hetze, Infiltrationen und Aufstachelung zu illegalen Aktionen, gefälschten Beweisen vor Gericht bis hin zum offenen Mord an politischen Gegner*innen. Es wurde 1975 in einem nach seinem Vorgesetzten benannten „Church Comittee“ Untersuchungsausschuß aufgedeckt. Seit „September 11“ sind alle diese Methoden polizeilichen Handelns legaler Bestandteil der „Homeland Security“ Gesetze in den USA.
Mitte der 1970er wurden in der Pine Ridge Reservation, einer entlegenden ländlichen Gegend, in die viele Indigene der Oglala verdrängt worden waren, Uran gefunden. Fortan versuchte eine Todesschwadron namens „G.O.O.N.“ unter Leitung des korrupten indigenen Gemeindevorstehers Dick Wilson, Indigene zu verjagen, die ihr Land nicht (erneut) an die US Regierung abgeben wollten. Nach offiziellen Angaben wurden 62 Menschen durch diese Todesschwadron ermordet. Schätzungen besagen jedoch, dass es vermutlich über 400 waren. Das alles geschah mit ausdrücklicher Billigung und Beobachtung durch die US Bundespolizei FBI, die auch Waffen und Training bereit stellte.
In dieser aussichtslosen Situation riefen die Bewohner*innen der Pine Ridge Reservation das American Indian Movement (A.I.M.) um Hilfe. A.I.M. war wenige Jahre zuvor geründet worden, um – insperiert durch die Black Panther Party – Selbstverteidigung indigenen Lebens gegen rassistische Gewalt zu organisieren. Eine Gruppe A.I.M. Aktivist*innen, zu denen auch Leonard Peltier gehörte, ging nach Pine Ridge und wurde 1975 in ein Feuergefecht mit dem FBI, föderalen Soldaten, dem G.O.O.N. sowie einer lokalen weißen Militia verwickelt. Zwei FBI Beamte fuhren ohne Kennzeichnung mit hoher Geschwindigkeit auf die Jumping Bull Farm, in der sich das Camp der A.I.M. Aktivist*innen befand. In dem darauf folgenden Schutzwechsel starben diese beiden Beamten sowie ein junger A.I.M. Aktivist. Dem Rest der A.I.M. Gruppe gelang die Flucht, obwohl sie von Hunderten scharf schiessender Angreifer umzingelt waren. Lokale Indigene versteckten die ca. 30 A.I.M. Aktivist*innen über Monate in der Region, bis den meisten schliesslich die Flucht aus Pine Ride gelang, so auch Leonard Peltier, der nach Kanada flüchten konnte.
Drei A.I.M. Aktivisten wurden jedoch gefasst und des Mordes an den beiden FBI Beamten angeklagt. In dem darauf folgenden Prozeß konnte jedoch festgestellt werden, dass die Beamten sich nicht ausgewiesen und das Feuer eröffnet hatten, so dass die Angeklagten von ihrem Recht auf Selbstverteidigung Gebrauch gemacht hätten. Außerdem wurde bis heute nicht festgestellt, wer denn konkret die Beamten erschossen habe. Der Tod des damals erschossenen jungen Indigenen wurde allerdings (bis heute) nicht untersucht, die drei Angeklagten jedoch frei gelassen.
Das FBI war darüber sehr enttäuscht und ging gegen Leonard Peltier anders vor. Sie beantragten mit gefälschten Beweisen seine Ausweisung aus Kanada, die am 6. Februar 1976 tatsächlich statt fand. Sie hatten den kanadischen Behörden ein „Geständnis“ einer jungen indigenen Frau vorgelegt, die aussagte, Peltier sei ihr Freund gewesen und habe ihr die Tat gestanden. Im späteren Prozeß sagte sie allerdings aus, dass sie und ihr Kind vom FBI mit ihrem Leben bedroht worden waren. Ihr seien die Bilder einer verstümmelten Leiche einer anderen A.I.M. Aktivistin vorgelegt worden, die tatsächlich mit Peltier befreundet gewesen war. Dann wurde ihr von den Beamten gedroht, dass ihr und ihrer Tochter das gleiche passieren würde, wenn sie nicht die Falschbelastung gegen Peltier unterschreibe. Ihre Erklärung zu den Umständen ihrer falschen Anschuldigung wurde im Gerichtssaal unter Ausschluß der Jury behandelt und durfte nicht in die Gerichtsakten aufgenommen werden. Das ist einer der Gründe, warum Amnesty International und andere Leonard Peltier als politischen Gefangenen bezeichnen. Sein Verfahren war von ähnlicher „Qualität“, wie der sechs Jahre später stattgefundene Schauprozeß gegen den afroamerikanischen Journalisten Mumia Abu-Jamal ( https://freiheit-fuer-mumia.de/ ).
Peltier war in dem Verfahren völlig chancenlos und medial bereits vorverurteilt. Obwohl der Staat alles an Manipulationen (weitere Falschaussagen, unschlüssige Fiensics etc.) aufbat, konnte selbst in diesem Prozeß nicht geklärt werden, wer den eigentlich die beiden FBI Beamten erschossen habe. Peltier wurde schliesslich wg. Unterstützung eines Mordes an zwei Polizisten zu zweimal lebenslänglich verurteilt.
Als föderaler Gefangener war er bereits kurz darauf Gefangner im Marion Gefängnis, dem ersten „Super Max“ Knast der USA, der nach den großen Gefängnisaufständen der frühen 1970er eigens für die Isolation und psychische Vernichtung politischer Gefangener geplant worden war. Diese Art der Haft wurde später zum allgemeinen Modell, der heute zahlreiche Gefangenen in den USA unterworfen sind.
Peltier überlebt in Haft zwei nachweislich vom FBI vorbereitete Mordanschläge. Viele Mitgefangene lernten ihn als einen angenehmen und trotz der brutalen Haftbedingungen sehr ausgeglichenen Menschen kennen. Er hatte immer wieder starke gesundheitliche Probleme. Die verweigerte medizinische Behandlung mußte ähnlich wie bei Mumia Abu-Jamal immer wieder von außen durchgekämpft werden. Inzwischen leidet Peltier u.a. an einer Aorta Aussackung. Sollte seine Blutgefäße platzen, würde er innerhalb von Minuten innerlich verbluten und hätte in der Isolationshaft keine Überlebenschance. In diesem Zustand lebt er nun seit etlichen Jahren, derzeit im USP Coleman 1 in Florida. Peltier ist inzwischen 79 Jahre alt.
2024 wird es eine Bewährungsanhörung geben. Dabei soll geklärt werden, ob er „resozialisiert“ sei und entlassen werden könne. Angehörigen und Bewohner*innen der Pine Ridge Reservation haben wiederholt ihre Bereitschaft erklärt, den schwer kranken Peltier aufzunehmen. Aber das FBI hatte in vergangenen Anhörungen mehrfach seine weitere Inhaftierung gefordert und erklärt, „irgendwer müße ja schliesslich für den Tod ihrer beiden Beamten sitzen“, auch wenn sie die damalige Auseinandersetzung provoziert hatten. Dass diese Position allerdings nicht einheitlich ist, zeigt sich an der Aussage einer ehemaligen Bundespolizistin, die den Falls viele Jahre für das FBI vertreten hat, Sowohl sie als auch der damalige Staatsanwalt im Verfahren sowie der vor einigen Jahren verstorbene damalige Justizminister der USA haben öffentlich erklärt, dass FBI Peltier fälschlich belastet haben und seine Freilassung gefordert. Bisher gab es keine juristische Reaktion auf diese Aussagen.
Zu Beginn der Inhaftierung gab es starke Unterstützung für Peltier. Sowohl innerhalb der USA als auch weltweit war sein Fall als Beispiel der repressiven kolonialen Gewalt bekannt. Ähnlich wie einige Jahre später bei Mumia Abu-Jamal sah es viele Jahre so aus, als ob die offensichtliche politische Repression gegen ihn ins Leere laufen und er freigelassen würde. Aber politische und soziale Bewegungen sind oft nur kurzfristig und der Staat unnachgiebig. Viele Jahre wurde es sehr ruhig um Peltier, bis endlich 2016 während der Proteste gegen die Ölpipeline DAPL tausende indigener Aktivist*innen aus allen Teilen der USA die Forderung nach Peltiers Freilassung wieder in das Gedächtnis heutiger Aktivist*innen brachten.
In Berlin hat ein Bündnis namens Free Them All gestern eine Kundgebung vor der US Botschaft veranstaltet, an der über 40 Menschen teilnahmen. In den Redebeiträgen wurde mehrfach darauf hingewiesen, dass die Bewährungsanhörung in diesem Jahr wohl die realistischste Möglichkeit für Peltier ist, um endlich freizukommen. Deshalb werden die Bemühungen nun intensiviert. Bereits am 16. Februar findet im Zilona Gora eine Broschürenvorstellung statt, in der es neben Leonard Peltier generell um indigenen Widerstand in den Americas geht. Auf der Webseite des Tokata e.V. aus der Rhein/Main Gegend werden regelmäßig Updates über Leonard Peltier und aus der europäischen Unterstützer*innenvernetzung veröffentlicht.
Am 6. Februar 2024 ist Leonard Peltiers 48. (!) Haftjahrestag. In verschiedenen Ländern und Städten finden Proteste für die Freilassung des indigenen Aktivisten und politischen Gefangenen aus den USA statt. Auch in Berlin werden wir uns daran beteiligen. Mach mit oder denk dir eigene Aktionen aus -> Hintergrund in dt. Sprache
Leonard Peltier: Aktivist des American Indian Movement
Di. 6. Februar 2024 – 18:00 Uhr – US Botschaft – Pariser Platz 2/Brandenburger Tor
Kundgebung am 48. Haftjahrestag – US Botschaft Berlin
2024 jährte sich zum 51. mal die Besetzung des Ortes Wounded Knee in Süd Dakota / USA. Hier fand 1890 ein Massenmord an 300 Kindern, Frauen und Männern vom indigenen Stamm der Lakota durch die US Armeee statt.
Im Januar 1973 besetzten Aktivisteninnen des American Indian Movement (AIM) diesen Ort, um gegen die mörderische Politik der US Regierung zu demonstrieren. Sie machten damit auf Landraub und die kulturelle sowie physische Zerstörung der amerikanischen Ureinwohnerinnen aufmerksam. Damals war in der Pine Ridge Reservation, in der Nähe von Wounded Knee eine mörderische Paramiliz aktiv, welche die Bevölkerung und insbesondere AIM Sympathisant*innen angriffen und z.T. ermordeten.
Die gegen derartige Praktiken gerichtete Protestaktion in Wounded Knee erhielt weiltweite Aufmerksamkeit, auch in der dt. Presse. Die Zustände auf der Pine Ridge Reservation änderten sich dadurch jedoch leider nicht.
Der AIM Aktivist Leonard Peltier befand sich 1975 dort, um die Bevölkerung gegen den Terror zu unterstützen und wurde unter konstruierten Vorwürfen für einen angeblichen Mord am 6. Februar 1976 verhaftet und kurz darauf ohne stichhaltige Beweise verurteilt. Er wird seit inzwischen 48 Jahren als politischer Gefangener in verschiedenen US-amerikanischen Hochsicherheitsgefängnissen festgehalten.
Seine Verhaftung und die Repression gegen A.I.M. waren Teil des sogenannten COINTELPRO Programmes von der US-Bundespolizei FBI, die die Zersetzung und Zerschlagung der damals starken Protestbewegungen, u.a. auch der Black Panther Party mit geheimdienstlichen und damals noch illegalen Mitteln betrieb.
Leonard Peltiers Verurteilung zu zwei Mal lebenslänglicher Haft war nur in Folge der Bedrohung mehrerer Zeug*innen, welche ihre Aussagen später widerriefen, massiver Beeinflussung der Geschworenen und erfundener, heute als falsch nachgewiesener Beweise möglich.
Verschiedenste Bücher, Filme und Songs griffen seinen Fall in den folgenden Jahrzehnten weltweit auf und trotz einer starken und breiten Protestbewegung hat der Präsident der USA ihn noch immer nicht freigelassen.
Im Herbst 2022 fand ein 1100 Meilen langer Protestmarsch durch die USA bis nach Washington D.C. für seine Freilassung statt, an welchem sich ca. 2000 Menschen beteiligten. Und auch im Rahmen der weltweiten Proteste im Jahr 2016 gegen die Black Snake Pipline in Standing Rock – North Dakota, welche für die Profitinteressen eines Ölkonzerns indigenes Territorium unwiederbringlich zerstört, wurde sein Fall immer wieder thematisiert.
Mittlerweile ist Peltier im Regierungsgefängnis von Coleman in Florida inhaftiert. Sein Gesundheitszustand ist in Folge mehrerer chronischer Erkrankungen, einer Coronainfektion sowie seines fortgeschrittenen Alters sehr schlecht. Eine lebensbedrohliche Aortaaussackung könnte durch eine Operation behoben werden, was ihm jedoch seit Jahren verweigert wird.
Kundgebung – Di. 6. Februar 2024 – 18:00 Uhr US Botschaft Pariser Platz 2 – U+S-Brandenburger Tor – Berlin
Wir fordern Leonard Peltiers Freilassung sowie das Selbstbestimmungsrecht und die umfassende Entschädigung der amerikanischen Ureinwohner*innen!
Freiheit für alle politischen Gefangenen!
Free Them All!
A3 Plakatvorlage in s/w zum ausdrucken und selbst plakatieren:
Der indigene politische Gefangene Leonard Peltier ist seit 1976 (!) in den USA inhaftiert. Gestern, an seinem 79. Geburtstag fanden mehrere Kundgebungen für seine Freiheit vor US Konsulaten und Botschaften statt. Allein in der BRD gab es Proteste in Leipzig, Hamburg, Düsseldorf, Frankfurt a.M. sowie Berlin, wo sich 50 solidarische Menschen beteiligten. Die Tageszeitung junge Welt veröffentlichte gestern einen Tehmenschwerpunkt über ihn. Auch in Wien und Mailand demonstrierten gestern Menschen für Peltier. In den USA gingen Unterstützer*innen in New York und St. Petersburg (Florida) auf die Straße.Weitere Veranstaltungen sind für das kommende Wochenende in Venedig und weiteren italienischen Orten angekündigt.
In Berlin mußte die Kundgebung wg. der christlichen „Audacity“ Veranstaltung vom Pariser Platzt auf die Tiergartenseite hinter der US Botschaft ausweichen. Das stellte sich dann allerdings als Vorteil heraus. In manchen beleuchteten Büros der US Botschaft müssen die Redebeiträge und die laute Parole „Brick by brick – wall by wall – Free Peltier, Free Them All!“ sehr gut zu verstehen gewesen sein. Außerdem kamen dort auch interessierte Passant*innen vorbei, hörten den Beiträgen zu und nahmen Flugblätter mit.
Neben Peltiers eigener Geschichte, die wie die von den allermeisten nordamerikanischen Indigenen von brutaler Zwangsumerziehung und Internatsschulen sowie rassistischer Diskriminierung geprägt war, wurde auch über die Aktionen des American Indian Movement (A.I.M.) berichtet, die sich ähnlich wie die Black Panther Party Anfang der 1970er Jahre für den Selbstschutz indigener Gemeinden gegen Verdrängung und Ermordung durch die US Bundespolizei FBI und ihre zivilen Todesschwadron G.O.O.N. einsetzten. Außerdem kämpfte A.I.M. ähnlich wie viele andere Indigene gegen die durch kapitalische Wachstumslogik verursachte ökologische Zerstörung.
Leonard Peltier war als A.I.M. Mitglied 1975 in der Pine Ridge Reservation an einer Auseinandersetzung beteiligt, in der ein indigener Aktivist und zwei FBI Beamten getötet wurden. Zunächst konnte er sich erfolgreich durch Flucht nach Kanada der Festnahme entziehen. Zwei seiner Mitangeklagten konnten in ihrem Verfahren deutlich machen, dass sie von den Beamten in zivil ohne Vorwarnung oder Ausweisung als Polizisten beschossen wurden und ihr Recht auf Selbstverteidigung ausgeübt hatten. Sie wurden freigesprochen.
Das FBI setzte darauf eine indigene Frau aus der Gemeinde massiv unter Druck und nötigte sie zu einer Falschaussage. Unter der Drohung, ihr Kind umzubringen und sie selbst zu verstümmeln (wie sie es bereits kurz zuvor mit einer anderen A.I.M. Aktivistin getan hatten), sagte sie aus, Leonard Peltier nach der Schießerei in der Pine Ridge Reservation versteckt zu haben. Angeblich soll er ihr dabei die Ermordung der zwei FBI Beamten eingestanden haben. In Realität haben sich diese Frau und Peltier allerdings nie getroffen und kennen sich auch nicht. Das vermeintliche Geständnis reichte für die US Regierung damals allerdings aus, um eine Festnahme und Ausweisung Peltiers aus Kanada zu erwirken. Am 6. Februar 1976 wurde er in den USA Inhaftiert und in einem Schauverfahren abgeurteilt, dass in seiner politisch motivierten Prozeßführung viele Parallelen zu den Verhandlungen gegen Mumia Abu-Jamal und andere Black Panthers aufwies.
Seit dem sitzt Leonard Peltier in US Regierungsgefängnissen. Er hat zahlreiche Hochsicherheitstrakte überlebt, zwei vom FBI gegen ihn angezettelte Mordanschläge abwehren können und aus der Isolationshaft ein Buch geschrieben sowie zahlreiche Bilder indigenen Lebens gemalt. Seine Gesundheit hat – ähnlich wie bei allen Langzeitgefangenen – stark unter den Haftbedingungen gelitten. Ein Krebsverdacht wurde jahrelang nicht untersucht, an einer Kieferverletzung wäre er beinahe gestorben und inzwischen hat er eine attestierte Aortaaussackung. An sich wäre letztere in einer vergleichsweise einfachen Operation behandelbar, allerdings verweigert die US Gefängnisbehörde (Peltier ist Regierungsgefangener) diese. Sollte seine Aorta in Haft platzen, hätte er nur wenige Minuten, bevor er an innerer Verblutung stürbe. Der Transport aus dem Hochsicherheitsgefängnis Coleman I in ein Krankenhaus würde sicherlich länger dauern.
Die Unterstützer*innenliste Leonard Peltiers ist sehr lang. Seit seiner Verurteilung haben sich immer wieder nordamerikanische Indigene als auch weltweit Menschen für seine Freilassung eingesetzt. Während der Proteste gegen die Ölpipeline (DAPL) in Standing Rock 2016 forderten viele Teilnehmende seine Freilassung, genau wie bei einem Treffen der 500 Sovereign Nations mit dem damaligen US Präsidenten Obama im Weißen Haus. Im Herbst 2022 beteiligten sich über 2000 Menschen über mehrere Wochen an einem Fußmarsch durch die USA, der in Washington D.C. endete und Präsident Biden auffordete, Peltier endlich freizulassen. Sowohl der ehemalige (inzwischen verstorbene) US Justizminister Ramsey Clark als vor wenigen Jahren auch der am Verfahren beteiligte Staatsanwalt sagten aus, dass das Verfahren gegen Peltier grob unfair gewesen sei und sie von seiner Unschuld ausgingen. Beide forderten bzw. fordern seine Freilassung. Auch die damals zu der Falschaussage genötigte Indigene hat bereits vor vielen Jahren die Vorgänge beschrieben und ihre Aussage zurück gezogen. Die Falschaussage war allerdings lediglich für die Ausweisung aus Kanada benutzt worden und hatte 1976 keinen Eingang in das Gerichtsverfahren gefunden, weil selbst dem FBI klar gewesen war, dass sie unglaubwürdig war.
Es hat in Peltiers bisher 47 Jahren Haft mehrere Bewährungsausschussitzungen gegeben. Er hat in Haft viel Anerkennung sowohl von Mitgefangenen als auch von Behörden bekommen, weil sein besonnenes Verhalten mehrfach bei Konflikten dazu beigetragen hat, physische Gewalt im Knast zu vermeiden. Er besteht bis heute darauf, dass er niemanden ermordet hat und das Urteil gegen ihn falsch ist. Deshalb und auf Druck des FBI hat der Begnadigungsauschuß seine Haftentlassung verweigert, denn sie könnten niemanden begnadigen, der seine vermeintliche Schuld nicht anerkenne. Diesen Gefallen, seine staatliche Kriminalisierung anzuerkennen und seiner politischen Haltung, die u.a. die Selbstverteidigung gegen staatliche Verdrängung und Ermordung beinhaltet, abzuschwören, hat Leonard Peltier den Herrschenden allerdings nie getan.
Die nächste Bewährungsanhörung ist für 2024 angesetzt. Unterstützer*innen Leonard Peltiers rufen dazu auf, seinen Fall in den kommenden Monaten stärker ins öffentliche Bewußtsein zu rücken. Peltier kämpft bereits seit seiner Jugend genau wie derzeit viele andere Menschen weltweit auch gegen die drohende ökologische Zerstörung des Planeten und möchte in der voraussichtlich nur noch geringen Lebenszeit, die ihm noch bleibt, zurück zu seinen Angehörigen.
Weitere Informationen über aktuelle Initiativen und Proteste werden in dt. Sprache regelmäßig von der Leonard-Peltier-Soli-Gruppe Rhein/Main veröffentlicht: https://www.leonardpeltier.de/
In „social“ media gehen Bilder und Videos von einer US Soli-Aktion für Leonard Peltier am 12. September herum, bei der die Festnahmen von 35 Unterstützer*innen zu sehen sind. Darunter befinden sich verschiedene Indigene und auch Mitglieder von Amnesty International USA – alle seien inzwischen wieder frei gelassen worden: (…) Among those arrested were: NDN Collective CEO and President Nick Tilsen; actor and activist Dallas Goldtooth, Fawn Sharp, NCAI President; Sunny Red Bear, NDN Action Organizer; Hermus Bettleyoun, NDN Action Organizer; Executive Director of Amnesty International USA , Paul O’Brien; and dozens of Indigenous organizers and allies. All arrestees have since been released. (…)
2023 jährte sich zum fünfzigsten mal die Besetzung des Ortes Wounded Knee in Süd Dakota / USA. Hier fand 1890 ein Massenmord an 300 Kindern, Frauen und Männern vom indigenen Stamm der Lakota durch die US Armeee statt.
Im Januar 1973 besetzten Aktivisteninnen des American Indian Movement (AIM) diesen Ort, um gegen die mörderische Politik der US Regierung zu demonstrieren. Sie machten damit auf Landraub und die kulturelle sowie physische Zerstörung der amerikanischen Ureinwohnerinnen aufmerksam. Damals war in der Pine Ridge Reservation, in der Nähe von Wounded Knee eine mörderische Paramiliz aktiv, welche die Bevölkerung und insbesondere AIM Sympathisant*innen angriffen und z.T. ermordeten.
Die gegen derartige Praktiken gerichtete Protestaktion in Wounded Knee erhielt weiltweite Aufmerksamkeit, auch in der dt. Presse. Die Zustände auf der Pine Ridge Reservation änderten sich dadurch jedoch leider nicht.
Der AIM Aktivist Leonard Peltier befand sich 1975 dort, um die Bevölkerung gegen den Terror zu unterstützen und wurde unter konstruierten Vorwürfen für einen angeblichen Mord am 6. Februar 1976 verhaftet und kurz darauf ohne stichhaltige Beweise verurteilt. Er wird seit inzwischen 47 Jahren als politischer Gefangener in verschiedenen US-amerikanischen Hochsicherheitsgefängnissen festgehalten.
Seine Verhaftung und die Repression gegen A.I.M. waren Teil des sogenannten COINTELPRO Programmes von der US-Bundespolizei FBI, die die Zersetzung und Zerschlagung der damals starken Protestbewegungen, u.a. auch der Black Panther Party mit geheimdienstlichen und damals noch illegalen Mitteln betrieb.
Leonard Peltiers Verurteilung zu zwei Mal lebenslänglicher Haft war nur in Folge der Bedrohung mehrerer Zeug*innen, welche ihre Aussagen später widerriefen, massiver Beeinflussung der Geschworenen und erfundener, heute als falsch nachgewiesener Beweise möglich.
Verschiedenste Bücher, Filme und Songs griffen seinen Fall in den folgenden Jahrzehnten weltweit auf und trotz einer starken und breiten Protestbewegung hat der Präsident der USA ihn noch immer nicht freigelassen.
So fand erst im Herbst 2022 ein 1100 Meilen langer Protestmarsch durch die USA bis nach Washington D.C. für seine Freilassung statt, an welchem sich ca. 2000 Menschen beteiligten. Und auch im Rahmen der weltweiten Proteste im Jahr 2016 gegen die Black Snake Pipline in Standing Rock – North Dakota, welche für die Profitinteressen eines Ölkonzerns indigenes Territorium unwiederbringlich zerstört, wurde sein Fall immer wieder thematisiert.
Mittlerweile ist Peltier im Regierungsgefängnis von Coleman in Florida inhaftiert. Sein Gesundheitszustand ist in Folge mehrerer chronischer Erkrankungen, einer Coronainfektion sowie seines fortgeschrittenen Alters von 79 Jahren sehr schlecht. Eine lebensbedrohliche Aortaaussackung könnte durch eine Operation behoben werden, was ihm jedoch seit Jahren verweigert wird.
Kundgebung – Di. 12. September 2023 – 18:30 Uhr Rückseite US Botschaft Behrenstr/Ebertstr – U+S-Brandenburger Tor – Berlin
Wir fordern Leonard Peltiers Freilassung sowie das Selbstbestimmungsrecht und die umfassende Entschädigung der amerikanischen Ureinwohner*innen!
Die vom Kapitalismus und seiner Wachstumslogik verursachte Klimakrise als auch die damit verbundene politische Rechtsrolle in Europa haben einige Kämpfe der letzten Jahre aus dem Bewußtsein verdrängt. Damit nehmen leider auch solidarische Haltung und praktische Unterstützung für diejenigen ab, die unter erschwerten Bedingungen kämpfen, z.B. Gefangene. Gab es in der politischen Linken vor ca. 10 Jahren noch eine breit diskutierte Gefängniskritik, haben sich inzwischen manche Zusammenhänge aufgelöst und Gefangenen gelingt es nur noch schwer, die Isolation zu durchdringen. Selbst so „bekannte“ Gefangene wie der Black Panther und Journalist Mumia Abu-Jamal in den USA sind davon betroffen. Dabei ist grade sein Widerstand ein Musterbeispiel dafür, dass befreiende Bewußtseinsbildung auch unter Bedingungen der größten Isolation und Todesbedrohung gelingen und um die gesamte Welt gehen kann. Was haben Mumia Abu-Jamal, die Masseninhaftierung und Gefängnisindustrie in den USA sowie die dortigen Gefangenenkämpfen mit den Bemühungen um Gerechtigkeit und Freiheit hier zu tun? Können wir von dem Widerstand der PoC und anderen Gefangenen in den neolibelaren Arbeitslagern der modernen Sklaverei etwas lernen?
In der B-lage wollen wir kurz über die Biografie Mumias und den Gefängnisindustriellen Komplex in den USA berichten, um danach einige Lesestücke aus einer neu erschienenen Textsammlung von Mumia vorzutragen. Im Anschluß könnten wir überlegen, wo sich das mit unserem Leben kreuzt und wie wir Mumia von hier aus unterstützen können.
„Ich habe in den letzten Jahren verschiedene Fotos von Urlaubszielen für Mumia gemacht. Z.B. ‚Free Mumia‘ aus Muscheln am Strand, oder ein kleines Banner am Eifelturm oder vor der ‚Mur des j‘aime‘ in Paris.
Vielleicht haben ja auch andere den Mut und die Ideen: sich und/oder ein Plakat, einen Spruch o.ä. abzulichten und an Mumia, und/oder an uns zu senden?
Mumias Adresse: Smart Communications/PA DOC Mumia Abu-Jamal #AM 8335 SCI Mahanoy P.O. Box 33028 St. Petersburg, FL 33733 USA
Paris: Le mur des je taime
Und für alle die noch Urlaubslektüre benötigen kann ich das neu übersetzte Werk ‚Writing on the wall‘ – auf deutsch erschienen im Westend Verlag, 2023, wärmstens empfehlen: weitere Infos hier oder im gutsortierten Buchhandel
Wenn wir alle das Nützliche und das Vergnügen verbinden, können wir selbst aus dem Urlaub viel bewegen – für die, die nicht in den Urlaub fahren können und schon seit so langer Zeit in Haft überleben.
Anfang 2023 jährt sich zum fünfzigsten mal die Besetzung des Ortes Wounded Knee in Süd Dakota / USA. Hier fand 1890 ein Massaker an 300 Kindern, Frauen und Männern vom Stamm der Lakota durch die 7. US Kavallerie statt.
Im Januar 1973 besetzten Aktivisteninnen des American Indian Movement (AIM) diesen Ort, um gegen die mörderische Politik der US Regierung zu demonstrieren. Sie machten damit auf Landraub und die kulturelle sowie physische Zerstörung der amerikanischen Ureinwohnerinnen aufmerksam. So war in der Pine Ridge Reservation, in der Nähe von Wounded Knee eine mörderische Paramiliz aktiv, welche die Bevölkerung und insbesondere AIM Sympathisant*innen angriffen und auch ermordeten.
Die gegen derartige Praktiken gerichtete Protestaktion in Wounded Knee fand eine große Aufmerksamkeit in nationaler und internationaler Presse. Die Zustände auf der Pine Ridge Reservation änderten sich dadurch jedoch leider nicht.
Der AIM Aktivist Leonard Peltier befand sich 1975 dort, um die Bevölkerung in dieser Situation zu unterstützen und wurde in Folge eines angeblichen Mordes, unter konstruierten Vorwürfen, am 6. Februar 1976 verhaftet. Er ist seit diesem Zeitpunkt, nunmehr fast 47 Jahre, als politischer Gefangener in verschiedenen US amerikanischen Gefängnissen inhaftiert.
Ermöglicht wurde die zu seiner Verhaftung führende Operation durch den Einsatz des sogenannten COINTELPRO Programmes verschiedener US amerikanischer Bundesbehörden, welches zur Zersetzung der damals in vielen Bereichen sehr starken Protestbewegung, so unter anderem auch der Black Panther Party, entwickelt wurde.
Leonard Peltiers Verurteilung zu zwei Mal lebenslänglicher Haft war nur in Folge der Bedrohung mehrerer Zeug*innen, welche ihre Aussagen später widerriefen, massiver Beeinflussung der Geschworenen und erfundener, heute als falsch nachgewiesener Beweise möglich.
Verschiedenste Bücher, Filme und Songs griffen seinen Fall in den folgenden Jahrzehnten weltweit auf und trotz einer starken und breiten Protestbewegung hat der Präsident der USA ihn noch immer nicht freigelassen.
So fand im Herbst vergangenen Jahres ein 1100 Meilen langer Protestmarsch nach Washington D.C. für seine Freilassung statt, an welchem sich ca. 2000 Menschen beteiligten. Und auch im Rahmen der weltweiten Proteste im Jahr 2016 gegen die Black Snake Pipline in Standing Rock – North Dakota, welche für die Profitinteressen eines Ölkonzerns indigenes Territorium unwiederbringlich zerstört, wurde sein Fall immer wieder thematisiert.
Mittlerweile ist er im Gefängnis von Coleman in Florida inhaftiert und sein Gesundheitszustand ist in Folge mehrerer chronischer Erkrankungen, einer überstandenen Coronainfektion sowie seines fortgeschrittenen Alters von nunmehr 78 Jahren, schlecht. Eine lebensbedrohliche Aortaaussackung könnte durch eine Operation behoben werden, was aber seit Jahren verweigert wird.
Wir fordern Leonard Peltiers Freilassung sowie das Selbstbestimmungsrecht und die umfassende Entschädigung der amerikanischen Ureinwohner*innen!